Erben und Vererben: Der Faktencheck
Viele Menschen unterschätzen, wie früh Entscheidungen über das Erbe oder Schenkungen getroffen werden sollten. Dabei ist es nie zu früh, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie Vermögen sinnvoll weitergegeben werden kann. Um Missverständnisse und Fehleinschätzungen zu vermeiden, hat Notar Dr. Günter Wurzer mit uns einen Blick auf die häufigsten Mythen rund ums Erben geworfen.
Mythos 1: „Man kann alles vererben, wie man möchte.“
Fakt: Das stimmt nicht, da der:m Ehegatt:in und den Kindern die gesetzlichen Pflichtteilsansprüche zustehen. Der Pflichtteil ist wertmäßig die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs und kann der:m Ehegatt:in oder den Kindern nur in ganz seltenen Fällen entzogen werden.
Mythos 2: „Ohne Testament erbt automatisch der:die Ehepartner :in alles.“
Fakt: Wenn kein Testament vorliegt, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Der:Die Ehepartner:in erbt dabei nicht allein, sondern teilt den Nachlass mit Nachkommen oder anderen Erbberechtigten. Ein Testament gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihr Vermögen abweichend von der gesetzlichen Erbfolge nach den eigenen Vorstellungen zu vererben. Eine frühzeitige Planung kann Streitigkeiten verhindern und allen Beteiligten Klarheit geben.
Mythos 3: „Eine Schenkung zu Lebzeiten schließt spätere Streitigkeiten aus.“
Fakt: Schenkungen zu Lebzeiten sind bei der Ermittlung der Pflichtteilsansprüche zu berücksichtigen. Pflichtteilsberechtigte können daher unter Umständen auch noch im Sterbefall Ansprüche stellen. Eine umfassende Beratung hilft, Schenkungen strategisch zu planen und Konflikte zu vermeiden.
Mythos 4: „Ein mündliches Testament reicht aus.“
Fakt: Für die Errichtung eines Testamentes müssen strenge Formvorschriften eingehalten werden, ansonsten ist das Testament ungültig. In Österreich ist ein mündliches Testament nur in absoluten Notsituationen und unter strengen Voraussetzungen gültig – und selbst dann nur für drei Monate. Für rechtliche Sicherheit ist ein schriftliches oder notarielles Testament ratsam. Ein beim Notar hinterlegtes Testament bietet zusätzlich die Sicherheit, dass es im Zentralen Testamentsregister registriert wird und somit im Sterbefall auf jeden Fall zum Vorschein kommt.
Mythos 5: „Ein:e Lebensgefährt:in ist nach einer gewissen Zeit gleich erbberechtigt wie ein:e Ehegatt:in.“
Fakt: Ohne Testament hat der:die Lebensgefährt.in – auch wenn die Lebensgemeinschaft bereits seit Jahrzehnten besteht – kein gesetzliches Erbrecht, außer es gibt keine anderen gesetzlichen Erb:innen. Der:Die Lebensgefährt:in darf nur – wenn die Lebensgemeinschaft mindestens drei Jahre aufrecht war – noch ein Jahr in der Wohnung des:der Verstorbenen wohnen und während dieser Zeit auch den Hausrat benutzen. Um sicherzustellen, dass Ihr:e Lebensgefährt:in abgesichert ist, müssen Sie sie:ihn explizit in Ihrem Testament berücksichtigen.
Mythos 6: „Ein Pflichtteil kann immer verweigert werden.“
Fakt: Der Pflichtteil kann nur in seltenen Ausnahmefällen entzogen oder gemindert werden, z. B. bei schweren Verfehlungen. Solche Entscheidungen müssen gut begründet und rechtlich abgesichert sein. Eine Beratung durch eine:n Notar:in hilft, diese Aspekte korrekt zu klären und umzusetzen.
Mythos 7: „Nach dem Tod kann der:die Ehegatt:in gleich auf das Vermögen des:der verstorbenen Ehegatt:in zugreifen.“
Fakt: Bis zum Abschluss der gerichtlichen Abwicklung eines Nachlasses ist der Zugriff auf Konten oder andere Vermögenswerte stark eingeschränkt. Um Komplikationen zu vermeiden, ist es sinnvoll, bereits zu Lebzeiten entsprechende Vorkehrungen zu treffen, wie ein „Oder-Konto“ einzurichten oder den PKW auf beide Ehegatten anzumelden. So bleibt der Zugang für Hinterbliebene einfacher.
Wie kann die Raiffeisenbank beim Thema Erben und Vererben unterstützen?
Die Raiffeisenbank ist Ihr verlässlicher Partner in allen finanziellen Fragen. Unsere Unterstützung umfasst:
- Infoveranstaltungen: Wir organisieren regelmäßig Vorträge, um Ihnen einen ersten Einblick in die wichtigsten Themen rund ums Erben zu geben.
- Hilfreiche Broschüren: In unserer Broschüre "Erben und Vererben" finden Sie wertvolle Informationen und praktische Tipps.
- Persönliche Beratung: Unsere Berater:innen bieten keine Rechtsberatung an, können jedoch wichtige Themen wie den Zugriff auf das Konto im Todesfall ("Oder-Konto") frühzeitig klären, um spätere Komplikationen zu vermeiden. Für rechtliche Fragen steht Ihnen ein:e Notar:in gerne zur Verfügung.
Viele Missverständnisse rund um das Erben lassen sich durch rechtzeitige Information und Planung ausräumen. Eine gute Vorbereitung hilft, familiäre Konflikte zu vermeiden und steuerliche Vorteile zu nutzen. Ihre Raiffeisenbank unterstützt Sie in Unterstützung mit Ihrer:m Notar:in mit Expertise, praktischen Hilfsmitteln und persönlicher Beratung.